Nestlé ist der größte Lebensmittelkonzern der Welt und (mit den Hauptmarken Nescafé und Nespresso) auch ihr wichtigster Kaffeehersteller. Jetzt wird er noch ein wenig größer: Die Schweizer erwerben für 7,15 Mrd. Dollar (knapp sechs Mrd. Euro) das Kaffeehandelgeschäft von Starbucks.

Mit über 6 Mrd. Euro wurde am Montag besiegelt, was bereits im Raum stand: Nestlé übernimmt das Handelsgeschäft von Starbucks. Im Markt löste die globale Kaffee-Allianz eine positive Resonanz aus.

Mit der Übernahme des Retail-Kaffeegeschäfts von Starbucks erwirbt Nestlé das weltweite Exklusivrecht, die Verbraucher- und Foodservice-Produkte der US-Kaffeehauskette zu vermarkten. Davon ausgenommen sind die 28.000 Starbucks-Filialen sowie der Vertrieb der Fertiggetränke, welche weiterhin in der Hand von Starbucks bleiben.

 

Starbucks: Schwerpunkt auf Kerngeschäft

Für Starbucks ist das Konsumgütergeschäft ein Nebenschauplatz; es macht derzeit nur 8% des gesamten Umsatzes aus. Bereits im Januar erklärte Finanzchef Scott Maw, dass sich Starbucks zukünftig auf die Sparten konzentrieren werde, die am meisten zu Umsatz und Gewinn beitragen. Im November davor hatte Starbucks seine Teemarke Tazo für 384 Millionen Dollar an den Nestlé-Rivalen Unilever verkauft.

Ein weiterer wichtiger Grund für die Allianz mit Nestlé ist aus Sicht von Starbucks das Distributionsnetz des Nahrungsmittelriesen. Wie Kevin Johnson, Präsident und CEO von Starbucks erhofft er sich durch den Zusammenschluss mit Nestlé eine Wachstumsbeschleunigung des Konsumgütergeschäfts, welches insbesondere durch das hervorragende Vertriebsnetz und die Reputation von Nestlé begünstigt werden soll. Die Allianz würde dem in Seattle ansässigen Kaffee-Multi außerdem die Gelegenheit bieten, sich verstärkt auf sein Hauptkaffeegeschäft in den USA zu konzentrieren, wo das Wachstum infolge der zunehmenden Konkurrenz von Fast-Food-Ketten und gehobenen Kaffeehäusern zum Stillstand gekommen ist. Ein wichtiger Fokusmarkt könnte sich zudem auch in China entwickeln, wo Starbucks seine Expansion mit vielen Kaffeehäusern weiter vorangetrieben hat. Der weitere Verlauf bleibt dennoch abzuwarten.

Den Aufbau des globalen Vertriebs von Packungen und Pads überlässt Starbucks also lieber einem neuen Partner, der im Rest der Welt schon über weit mehr Vertriebsstellen verfügt – nicht zuletzt in China, dem gelobten Wachstumsmarkt für alle.

Dazu zählt auch, dass die Starbucks-Kapseln künftig ebenso für Nestlé-Kaffeemaschinen erhältlich sind. Die Kooperation bei Neuprodukten könnte wiederum das Know-how in Bezug auf die besonderen Geschmäcker der amerikanischen Konsumenten stärken.

 

Hintergrund: Konkurrenz für Starbucks aus Deutschland

Die Schwäche auf dem US-Kaffeemarkt wäre für den Giganten wohl leichter verkraftbar, würde nicht ein europäischer Konkurrent dort so kräftig umrühren. Die deutsche Milliardärsfamilie Reimann, die eigentlich mit den chemischen Markenartikeln von Benckiser groß geworden ist, mischt erst seit sechs Jahren auf dem Kaffeemarkt mit. Aber seitdem kauft sie sich über ihre Investmentholding JAB in so viele Unternehmen ein, dass sie auch im globalen Geschäft zu einem echten Rivalen geworden ist. 2013 schnappte sich die Gesellschaft den niederländischen Marktführer D. E Master Blenders, bei uns bekannt durch die Senseo-Kapseln. Ein Jahr später fusionierte sie ihren Fang mit dem Kaffeegeschäft des US-Lebensmittelkonzerns Mondelēz (früher bekannt als Kraft Foods). Durch das Joint Venture namens „Jacobs Douwe Egberts“ kam auch die ursprünglich aus Bremen stammende Marke Jacobs wieder mehrheitlich in deutsche Hände. Gleich zur Gänze verleibten sich die Reimanns dann 2016 mit Keurig den Platzhirsch auf dem US-Kaffeemarkt ein.

Nestlé versucht nun, den Verfolger mit dem eigenen Deal auf Abstand zu halten. Zumal das Kaffeegeschäft vom neuen Chef, Mark Schneider, als einer jener margenstarken Wachstumsmärkte gesehen wird, in die alle Energie fließen soll (schon jetzt macht er rund ein Fünftel des Geschäfts aus). Fokussierung tut not, denn insgesamt entwickeln sich die Umsätze von Nestlé zwar positiv, aber nicht gerade berauschend. Da der Geschmack der Konsumenten sich immer weiter ausdifferenziert, verliert der Konzern – ähnlich wie auch andere große Nahrungsmittelhersteller – langsam Terrain an viele kleinere Rivalen.